Der Paleis op de Dam (Koninklijk Paleis) ist der Königliche Palast,
der sich in der Amsterdamer Innenstadt am Rande des Platzes de Dam befindet.
Er
wurde von 1648 bis 1665 – als sich Amsterdam im Goldenen Zeitalter auf dem Höhepunkt seiner Macht befand – nach
Entwürfen des Architekten Jacob van Campen im niederländischen-klassizistischen Stil
als Stadhuis (,Rathaus‘)
errichtet.
Jacob van Campen |
Die Bildhauerarbeiten stammen aus der Werkstatt von Artus Quellijn.
Artus Quellijn |
1808 wurde das Gebäude erstmals
nicht als Rathaus, sondern als Königlicher Palast verwendet.
Seit 1939 wird es
dauerhaft von der Königsfamilie des Hauses Oranien-Nassau zu
Repräsentationszwecken und als Gästehaus für Staatsgäste genutzt, jedoch nicht
als Sitz der Königsfamilie.
Ab 2005 war das Gebäude wegen Renovierung für die
Öffentlichkeit geschlossen, seit Juni 2009 ist es wieder für Besucher geöffnet.
Direkt vor dem Palast, wo
früher ein gotisches Rathaus stand, erhob sich ab 1856 das Denkmal De Eendracht(,die Eintracht‘) von Louis Royer, das 1914 neu
verlegten Straßenbahngleisen weichen musste. 1956 wurde auf dem Platz das
Nationalmonument errichtet. Gebäude und Monument wurden zum Rijksmonument erklärt.
Nationaldenkmal am Dam |
Das Gebäude gilt als das
wichtigste historische und kulturelle Bauwerk des Goldenen Zeitalters der
Niederlande. Ursprünglich sollten hier nicht Könige, sondern Bürgermeister
residieren; das Gebäude wurde als Sitz des Magistrats und des Stadtgerichts
errichtet.
Amsterdams altes gotisches Rathaus
war baufällig geworden und musste durch ein anderes ersetzt werden. Insbesondere nach dem Willen von Bürgermeister Cornelis de Graeff sollte das
neue Stadhuis ein Zeichen für die Unabhängigkeit der Niederlande und den endlich
wiedererlangten Frieden setzen, aber gleichzeitig auch den Reichtum der Stadt
und die Vormachtstellung der Provinz Holland zur Schau stellen.
Außer zu den
profanen Zwecken der Verwaltung, Rechtspflege und Stadtverteidigung war es also
als Statussymbol des Landes und seines Bürgertums geplant. Die Republik der
Vereinigten Niederlande wurde erst 1804 zur Monarchie, bis dahin wurde
die Souveränität von den Ständen getragen. Im Goldenen Zeitalter lag die
Herrschaft über den Staat in den Händen von Handelsherren, der damaligen
Bezeichnung für Großkaufleute, die das Handels- und Finanzbürgertum
darstellten. Materieller Reichtum galt als Gottesgnade und begründete die Macht
der Stände, deren Vorbild Venedig war, weshalb sie auch einen Dogenpalast errichten
wollten. Dieser galt als republikanisches Zentrum der Republik und als Sitz des
Regenten. Cornelis de Graeffs legte hierzu den Grundstein. Die Entstehungsgeschichte sowie die Jahreszahl
dieser Grundsteinlegung wurden von Cornelis de Graeff auf einer in einem der
Gerichtssäle befindlichen schwarzen Marmorplatte in lateinischer Schrift
festgehalten:
„Am 29.
Oktober 1648, in dem Jahr, in dem der Krieg beendet wurde, den die vereinigten
niederdeutschen Völker mit den drei mächtigen Philipps, den Königen von
Spanien, zu Lande und zur See in beinahe allen Teilen der Erde mehr als 80
Jahre lang geführt haben, nachdem die vaterländische Freiheit und Glaubensfreiheit
gesichert waren, haben während der Regierung der vortrefflichen Bürgermeister
Gerb. Pancras, Jac. de Graef, Sib. Valchenier Pet. Schaep, Söhne und
Blutsverwandte der Bürgermeister durch die Grundsteinlegung das Fundament für
dieses Rathaus gelegt“.
Für das neue Gebäude wurden
verschiedene Entwürfe geprüft. Es sollte in der Nähe des alten Gebäudes wieder
auf dem Dam, Amsterdams einzigem großem, freien Platz in der Innenstadt stehen, der
schon lange Zeit die Funktion eines öffentlichen und politischen Forums erfüllt
hatte. Bereits seit dem Mittelalter stand hier das Rathaus, vor dem auch
öffentliche Hinrichtungen stattfanden. Der Friede von Münster brachte so viel
Euphorie und Zuversicht mit sich, dass schließlich der ambitionierteste Plan
ausgeführt wurde – der des Baumeisters Jacob van Campen, der sich unter anderem
mit der Errichtung von Huis ten Bosch und dem Umbau von Paleis Noordeinde in
Den Haag einen Namen gemacht hatte.
Die aufwändige Pfahlgründung, bei
der 13.659 Baumstämme in den Boden getrieben wurden, galt architektonisch als
achtes Weltwunder. Die Zahl der benötigten Pfähle lernt wohl noch heute jedes
niederländische Schulkind mit einer Eselsbrücke: dagen van het jaar, eentje ervoor, negentje
erachter (,die Anzahl der Jahrestage mit
einer Eins davor und einer Neun dahinter‘).
Für die technische Ausführung des
Baus war der Stadtbaumeister Daniel Stalpaert verantwortlich.
Als die Baukosten
sich nach einiger Zeit immer mehr erhöhten und außer Kontrolle zu geraten
drohten, geriet der Architekt Jacob van Campen in Konflikt mit der
Stadtverwaltung, die ihm 1654 Stalpaert auch zur Kostenkontrolle an die Seite
stellte. Warum van Campen im selben Jahr seine – allerdings auch bereits
weitgehend durchgeführte – Aufgaben niederlegte und Stalpaert die
vollständige Bauleitung übertragen erhielt, ist nicht überliefert; selbst
Vondel kann darüber nur spekulieren und meint, Stalpaerts eigenmächtige
Änderungen von Details der Baupläne hätten van Campens Unmut erregt.
1655 wurde das Rathaus festlich
eingeweiht, das Gebäude insgesamt jedoch erst zehn Jahre später fertiggestellt.
An der Inneneinrichtung wurde sogar noch bis zum Anfang des
18. Jahrhunderts gearbeitet. Das alte Rathaus war 1652 abgebrannt.
Der Platz de Dam entstand im 13. Jahrhundert, um den herum die
Stadt entstand, die 1275 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Zunächst stellte de Dam einen Damm– daher also seine Bezeichnung,
die auch für den Stadtnamen Amsterdam namensgebend war – mit Schleuse zur
Regulierung der Amstel und Verbindung einzelner Häuseransammlungen dar und
entwickelte sich rasch zum zentralen Marktplatz der rasant wachsenden Stadt. In
der Abbildung von Cornelis Anthonisz aus dem Jahr 1544 ist der Zustand vor
Errichtung des neuen Rathauses rund zweihundert Jahre nach Gründung der Stadt
zu erkennen.
Dominiert wurde der Platz von
der im frühen 15. Jahrhundert entstandenen Onze Lieve Vrouwekerk (,Liebfrauenkirche‘), die 1645 nahezu abbrannte
und nach dem Neubau Nieuwe Kerk genannt wurde.
Hier findet seit 1814 die
Inthronisation der niederländischen Königinnen und Könige statt.
Willem-Alexander und Maxima bei der Inthronisierung 2013 |
Ansonsten gab
es ein Waagehaus und viele Handels- und Kaufmannshäuser, an die die Schiffe auf
der Amstel direkt anlegen und ihre Güter ausladen konnten. Am westlichen Teil
(vor der Amstelschleuse) befand sich der bereits jahrhundertealte Fischmarkt.
Am südlichen Teil des Platzes
wurde von 1608 bis 1611 von Hendrick de Keyser die erste Amsterdamer Warenbörse errichtet,
die 1835 abgerissen wurde. Etwas weiter nordöstlich, dort, wo seit 1914 das
Warenhaus De Bijenkorf steht, wurde 1845 die von Jan David Zocher (1791–1870)
entworfene Börse eröffnet, die ihrerseits 1903 abgerissen und durch die Beurs
van Berlage auf dem Damrak ersetzt wurde.
Der Magistrat Amsterdams hatte
bereits Anfang des 17. Jahrhunderts damit begonnen, zahlreiche der
verhältnismäßig kleinteiligen Grundstücke, insbesondere im westlichen Teil des
Dam, aufzukaufen, um darauf ein großzügiges neues Rathaus anlegen zu können.
Jacob van Campen ließ sich bei
seinen Plänen durch römische Verwaltungspaläste inspirieren; so ist römischer,
griechischer, französischer, aber auch calvinistische Einfluss zu finden.
Eine
Rolle dürften auch die 1596–1604 publizierten Rekonstruktionen biblischer
Gebäude durch den Theologen und Architekturtheoretiker Juan Bautista
Villalpando gespielt haben.
Der klassizistische Prachtbau
bildet ein Viereck von 80 Metern Länge, 63 Metern Tiefe und
33 Metern Höhe, in der Mitte mit einem gewölbten Dom geziert, aus dem sich
ein 20 Meter hoher, mit einer Wetterfahne in der Form einer holländischen Kogge gekrönter
Turm erhebt. Auf dem Dach steht eine bronzene Statue, die an den Westfälischen
Frieden erinnert, links und rechts davon stehen Figuren, die Klugheit und
Gerechtigkeit darstellen, was sich auf den ursprünglichen Verwendungszweck als
Rathaus mit Stadtverwaltung und Gerichtshof bezieht.
Die äußere Erscheinung
verbindet Elemente des französischen Schlossbaus (Pavillontrakt-System) mit
einer palladianisch geprägten Akzentuierung der Mitte (Risalit mit
Dreiecksgiebel).
Über einem querrechteckigen, gitterförmigen Grundriss sind die
Dienstzimmer und Empfangsräume um Korridore zu beiden Seiten des zentralen
Bürgersaals angeordnet. Dieser große, tonnengewölbte Saal geht durch die volle
Tiefe und Höhe des Gebäudes.
Bürgersaal |
Details des Mamorbodens im Bürgersaal |
Das Gebäude wurde ganz in
Bentheimer Sandstein ausgeführt, dessen ursprüngliche Farbe eierschalenfarben,
fast weiß, war und im Laufe der Zeit verfärbte und nachdunkelte. Zahlreiche
Statuen, Reliefs und Wandgemälde zieren das Gebäude, das Hauptgiebelfeld zeigt
eine Allegorie der Stadt Amsterdam als Herrscherin der Meere.
Der
Eingangsbereich befindet sich in der gesamten Breite des Hauptgiebels und ist
vorgerückt. Auf Straßenniveau – ohne „trennenden“ Bordstein, um zu
unterstreichen, dass das Stadhuis allen
Bürgern gleichermaßen gehören solle – erheben sich sieben unverzierte
Bögen, die für die sieben Provinzen der damaligen Republikder sieben
Vereinigten Niederlande stehen. Trotz dieser Betonung der Mitte ist der
eigentliche Eingang nicht leicht zu finden; dadurch sollte das Gebäude besser
vor Angreifern geschützt werden.
Der vergleichsweise kleine Gerichtssaal ist
der am prächtigsten ausgestattete Raum, allerdings wurde auf Farbe weitgehend
verzichtet, um den „düsteren Verwendungszweck“ zu unterstreichen. Über die Haupttreppe
gelangt man in den 28 Meter hohen Bürgersaal, in dem den
Amsterdamern sprichwörtlich die ganze Welt zu Füßen gelegt wurde.
Er stellt das
Universum dar, mit Amsterdam als absolutem Mittelpunkt. In der umlaufenden
Galerie befinden sich in den Ecken Sonne, Mond und Planeten, um noch deutlicher
zu machen, in welcher Position die Stadt sich sah.
Die Wände sind mit
allegorischen, bis zu sechs Meter hohen Gemälden behängt, von denen viele von
den Rembrand –Schülern Ferdinand Bol und Govaert Flinck stammen. Gemälde mit
mythischen Themen wechseln sich ab mit Statuen aus Bibelmotiven mit „dem
zurechtweisenden und warnenden Finger“ der Calvinisten: Atlas, der die
Welt auf seinem Rücken trägt; die unter ihm stehende Justitia (die Gerechtigkeit)
mit ihren Helfern: dem Tod, einem Skelett, das eine ablaufende
Sanduhr in der Hand hält, und der Strafe, dargestellt durch eine
Frau mit Marterwerkzeugen. Die Gerechtigkeit vertreibt die Habsucht,
König Midas mit seinen Eselohren, und den Neid, vertreten durch
eine hässliche Frau mit Schlangen als Haar.
Alle Hauptsäle sind mit Marmor
verkleidet, höhere Wandpartien dabei mit täuschend echt marmoriertem Holz
kaschiert, um das Bauwerk nicht unnötig schwer zu machen. So auch der
36 Meter lange und 18 Meter breite Ratssaal, einer der größten
Europas. Auffallend sind die Empiremöbel, eine Hinterlassenschaft Louis
Bonapartes, der als „Lodewijk Napoleon“ erster König von Holland und mit dem
das Rathaus zum königlichen Palais wurde. Praktisch in allen Räumen findet man
Skulpturenschmuck und Gemälde. In vielen Räumen gibt es leuchtende
Deckenfresken.
1808 wurde das Gebäude vom
Rathaus zum Wohnschloss für König Louis Bonaparte umgewandelt, der sich für
Amsterdam als Residenzstadt entschieden hatte. Seither wird es als Koninklijk Paleis („Königlicher Palast“) bezeichnet. Im Risalit wurden
ein Balkon eingebaut und die Galerien mit Holzwänden unterteilt.
Louis Bonaparte gründete im
Palast ein Königliches Museum, das die Grundlage für das spätere Rijksmuseum darstellte.
1810, als die Niederlande von
Frankreich annektiert wurden, diente es vorübergehend sogar als Kaiserpalast.
1813, nach dem Abzug der
Franzosen, wurde der Palast an die Stadt Amsterdam zurückgegeben und diente
zunächst wieder als Rathaus und nach der Schlacht bei Waterloo und dem Wiener
Kongress als Königlicher Palast des niederländischen Königshauses.
Am
30. März 1814 wurde Willem I. hier als Souveräner Fürst
inthronisiert.
1939 kaufte die niederländische Regierung das Gebäude für
zehn Millionen Gulden von der Stadt Amsterdam.
Bis zur Zeit von Königin
Wilhelmina, die sich dort oft zeigte, wurde der Palast von der königlichen
Familie regelmäßig genutzt.
Symbolhaft erschien sie 1948 mit ihrer Tochter
Juliana auf dem Balkon des Paleis, nachdem sie
zu ihren Gunsten abgedankt hatte.
1966 wurde die Hochzeit von
Beatrix mit Prinz Claus in dem Palast ausgerichtet; bei ihrer Inthronisation
als Königin 1980 erschien Beatrix auf dem Balkon
, wo sich im Februar 2002 auch
ihr ältester Sohn und Thronfolger Willem-Alexander anlässlich seiner Heirat mit
Maxima zeigte.
Ansonsten sind Mitglieder der königlichen Familie nur noch zu
offiziellen Empfängen, die Königin meist nur zum Neujahrsempfang anwesend.
Daneben wird der Palast als Residenz für Staatsgäste und anderen hohen Besuch
genutzt.
Im 20. Jahrhundert wurde das
Gebäude mehrfach restauriert, die Umbauten Louis Bonapartes wurden weitgehend
rückgängig gemacht. Ab September 2005 war es zu längerfristigen
Restaurationszwecken für die Öffentlichkeit geschlossen, auch der Wohntrakt für
die Staatsgäste wurde renoviert. Die Kosten der Arbeiten wurden auf
67 Millionen Euro geschätzt.
Die Neueröffnung erfolgte im
Juni 2009. Das Gebäude wurde der Öffentlichkeit wieder für Besichtigungen
zugänglich gemacht. Künftig sollen dort deutlich mehr öffentliche kulturelle
Ereignisse stattfinden. Bislang wurde es von jährlich rund 100.000 Besuchern
besichtigt zusätzlich fanden in den Sommermonaten Ausstellungen statt, zuletzt
2004 mit Werken von Ludolf Bakhuizen (1630–1708)
Hier ist die Offizielle Webseite des Palastes.
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